Dienstag, 9. August 2011

Über die Reinigung des Geistes, 64

Erzittern

Wenn er hingegen eine zornige und neiderfüllte Seele hat, wird er von wilden Tieren und giftspritzenden Kriechtieren verfolgt und von Furcht und Verzagtheit befallen. Ist seine Seele von eitler Ehrsucht aufgeblasen, stellt er sich Lobsprüche und ihm entgegenziehende Volksmassen vor, Throne der Herrschaft und der Befehlsgewalt. Und er befindet sich auch im wachen Zustand demgegenüber, was ihm noch nicht widerfahren ist, als ob es sei oder sicherlich eintreten werde. Hat er aber eine hochmütige und von Prahlerei erfüllte Seele, sieht er sich, wie er auf prachtvollsten Wagen einherfährt, manchmal auf Schwingen in die Lüfte fliegt und alle vor dem Übermaß seiner Vollmacht erzittern.

Ebenso sieht offensichtlich auch ein gottliebender Mensch, da er in der Ausübung der Tugend eifrig ist, gerecht in den Kämpfen der Frömmigkeit ist und eine Seele besitzt, welche von der Materie rein ist, im Schlaf den Ausgang künftiger Dinge und Offenbarungen schauriger Gesichte. Wenn er aufwacht, stellt er fest, dass er immerfort in Zerknirschung und friedvoller Verfassung der Seele und des Leibes betet, so dass sich auf seinen Wangen Tränen befinden, auf seinen Lippen jedoch das Gespräch mit Gott.

(Philokalie, Bd. 4,  Niketas Stethatos über die Reinigung des Geistes)

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