Samstag, 23. Juli 2011

Über die Reinigung des Geistes, 48

Stolz zu Demut

Jene, welche die Süßigkeit der Tränen der Zerknirschung nicht gekostet haben und auch nicht wissen, worin ihre Gnade und Wirksamkeit besteht, meinen, diese Tränen unterscheiden sich in nichts von jenen, welche man über Tote vergießt. Dabei erdichten sie sich gar zahlreiche abweichende Ursachen sowie verlegene Vernunftschlüsse. Doch ist uns dies von Natur aus angeboren.

Wenn sich jedoch der noch bestehende Stolz des Geistes zur Demut neigt, wenn auch die Seele ihre Augen vor der Täuschung der sichtbaren Dinge schließt und sie allein auf die Beschauung des immateriellen und ersten Lichtes richtet, nachdem sie jegliche Sinneswahrnehmung der Welt von sich abgeschüttelt hat, und wenn sie den von oben stammenden Trost des (Heiligen) Geistes erhält, dann strömen sogleich die Tränen wie das Wasser einer Quelle aus ihr und erfüllen ihre Sinne mit Süßigkeit, wobei sie ihr Denken mit jeglichem Frohsinn und göttlichen Licht erfüllen. Sie zerschlagen jedoch auch das Herz und machen den Geist demütig gesinnt unter dem Anblick des Besseren.

Es ist unmöglich, dass dies bei jenen eintritt, welche auf andere Weise klagen und trauern.

(Philokalie, Bd. 4,  Niketas Stethatos über die Reinigung des Geistes)

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