Freitag, 10. Juni 2011

Pater Anizet Koplinski, Kapuziner, 4

(4)

Die Not des 2. Weltkrieges
Auch beim Ausbruch des 2. Weltkrieges im September 1939 blieb Pater Anizet in Warschau. Mit Schmerz sah er die zwei ihm zutiefst verbundenen Völker im Krieg verwickelt: Das deutsche Volk, in dessen Geist und Kultur er aufgewachsen war, und das polnische Volk, für das er sich entschieden hatte. Er war Deutscher, er verbarg das nicht; auch dann nicht, als die Politik des Führers Adolf Hitler immer größeres Unheil über die Nachbarvölker brachte. Er durchschaute den antichristlichen Geist und das Dämonische der nationalsozialistischen Ideen.
Da er von Jugend an den Glauben und die Herzlichkeit der Polen erfahren hatte, stellte er sich immer mehr auf ihre Seite. Um das Jahr 1930 legte er die deutsche Staatsbürgerschaft ab, nahm die polnische an und nannte sich nunmehr "Koplinski".
Nach der Kapitulation von Warschau blieb Pater Anizet zunächst im Kapuzinerkloster in Warschau. Doch bald sah man ihn in doppeltem Einsatz. Trotz aller äußeren Schwierigkeiten war er rastlos unterwegs, um den Armen und Notleidenden Hilfe zu bringen. Ihre Zahl war ins Unglaubliche gewachsen. Im Frühjahr 1940 berichteten die Zeitungen des Warschauer Widerstandes, dass neunzig Prozent der Bevölkerung ohne Arbeit seien und vor Hunger stürben. Pater Anizet half, so gut er konnte. Bei den deutschen Behörden forderte er die nötigen Scheine für Lebensmittel, Kleider, Schuhe und Arzneien an. Er kümmerte sich auch um evangelische Christen und um Juden, die am meisten von allen unter der deutschen Besatzung zu leiden hatten. Hierbei war ihm die Kenntnis der deutschen Muttersprache von großem Nutzen.

Sein Märtyrertod im Konzentrationslager Auschwitz
Der Gestapo waren die Kapuziner, namentlich Pater Anizet, schon lange ein Dorn im Auge. Im Juni 1940 wurde er und der Guardian des Klosters, Pater Innozenz Hanski, von der Gestapo vorgeladen und verhört. Es ist denkbar, dass eine Berufung auf seine deutsche Herkunft und eine Rückkehr nach Deutschland Pater Anizet hätte retten können. Doch ein solches Ansinnen widersprach der Geradheit und Grundeinstellung von Pater Anizet. Auf die Frage der Gestapo, ob im Kloster die geheime Presse (Flugblätter) des polnischen Widerstandes gelesen würde, gab er offen die Wahrheit zu: "Ja, von vier Mitbrüdern". Gleichzeitig aber sagte er den Männern der Gestapo ins Gesicht: "Nach dem was Hitler in Polen begangen hat, schäme ich mich, ein Deutscher zu sein!".
In der Nacht vom 26. auf den 27. Juli 1941 wurde das Kapuzinerkloster von der Gestapo umstellt. Nach einer mehrstündigen Hausdurchsuchung wurden alle 22 Kapuziner verhaftet, unter ihnen auch Pater Anizet. Zunächst wurden sie in das Gefängnis Pawiak eingesperrt. Weitere Verhöre und Misshandlungen folgten. Sie wurden kahlgeschoren und mussten das Ordensgewand ablegen. Die Wachleute verspotteten, schikanierten und quälten sie mit der sogenannten " Gymnastik" (Apelle, Befehle ausführen, Schikanen).
Am 3./4. September 1941 wurde Pater Anizet zusammen mit den anderen in einem Viehwaggon in das KZ Auschwitz abtransportiert. Dort erhielt er die gestreifte Lagerkleidung und die KZ-Nummer 30376. Er galt nicht mehr als Mensch, sondern war von nun an nur noch eine Nummer unter Tausenden von Mitgefangenen. 

(wird fortgesetzt)

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