Der Arme
Wenn
wir sagen, dass Christus unser Elend nicht anders heilen zu können glaubte, als
indem er sich dessen ganze Realität selbst aufbürdete, wäre es da zu
verwundern, wenn wir mit geringeren Kosten davonkämen. Hier begreifen wir, woher
es kommt, dass die Armen in der Religion Israels einen so breiten Raum
einnehmen. Nach der Verkündigung der großen Propheten, vor allem der des
Jeremias, nach der Erfahrung des Exils und der Zerstreuung, wurde das religiöse
Bewusstsein der Juden der Erkenntnis inne, dass der einzige Mensch, der Gott
angenehm ist, der Arme ist. Und zwar nicht nur derjenige, der versucht, sich in
den Armen hineinzudenken, sondern der, welcher die Armut annimmt und arm sein
will. Es gibt keine andere Möglichkeit, vor das Angesicht Gottes hinzutreten,
wo uns der Strahl seiner Gnade treffen muss.
(Aus
dem Kapitel: Busse und Abtötung, in: Louis Bouyer, Vom Geist des Mönchtums,
Otto Müller Verlag 1958, S.222f)
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