Montag, 27. August 2012

Der Arme


Wenn wir sagen, dass Christus unser Elend nicht anders heilen zu können glaubte, als indem er sich dessen ganze Realität selbst aufbürdete, wäre es da zu verwundern, wenn wir mit geringeren Kosten davonkämen. Hier begreifen wir, woher es kommt, dass die Armen in der Religion Israels einen so breiten Raum einnehmen. Nach der Verkündigung der großen Propheten, vor allem der des Jeremias, nach der Erfahrung des Exils und der Zerstreuung, wurde das religiöse Bewusstsein der Juden der Erkenntnis inne, dass der einzige Mensch, der Gott angenehm ist, der Arme ist. Und zwar nicht nur derjenige, der versucht, sich in den Armen hineinzudenken, sondern der, welcher die Armut annimmt und arm sein will. Es gibt keine andere Möglichkeit, vor das Angesicht Gottes hinzutreten, wo uns der Strahl seiner Gnade treffen muss.

(Aus dem Kapitel: Busse und Abtötung, in: Louis Bouyer, Vom Geist des Mönchtums, Otto Müller Verlag 1958, S.222f)

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