Der Mensch im ewigen Leben
Vater
- sagte Felix -,
ich
habe gehört, dass der Leib im himmlischen Paradies weder isst noch trinkt noch Düfte
wahrnimmt und keinen Freuden des Fleisches obliegt. Darum wundere ich mich, wie
denn der Leib ohne dieses alles sich des ewigen Lebens erfreuen kann.
Mein
Sohn - sagte der Eremit -,
im
himmlischen Paradies leben die Leiber in der Glorie. Denk nur an das Eisen in
der Schmiede, wie es durchglüht ist, innen und außen voller Feuer. Nicht anders
ergeht es den Leibern der Seligen, die das ewige Leben haben, weil sie Gottes
Wesen erfahren. Die Seele durchstrahlt so den Leib mit Gutheit, Ewigkeit, Weisheit
und Macht, dass dieser jeder Bewegung des liebenden Willens mühelos folgt.
Durch
die Worte des Eremiten verstand Felix, dass sich der selige Leib durch den Raum
bewegt, sobald die Seele dies wünscht. Die Distanz spielt keine Rolle, in einem
Augenblick vermag er sich von Sonnenaufgang nach Sonnenuntergang zu versetzen.
Nichts kann ihn hindern, wenn der Wille befiehlt, denn sonst wäre dieser nicht
vollkommen. Gleiches sagte der Eremit vom Lichtglanz des Leibes, von seiner
Unsterblichkeit und von der großen Seligkeit, die der Mensch im ewigen Leben
erfährt.
(Ramon
Llull, Die Kunst sich in Gott zu verlieben, Herder 1985, Textübertragung Erika
Lorenz, 100f)
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