Freitag, 6. April 2012

Sie sehen Dich ohne Leben

Jesus dürstet  - (14. von 16)

Der Du mit Licht bekleidet bist
wie mit einem Mantel, Dich nehmen
Josef und Nikodemus vom Kreuz herab.
Sie sehen Dich ohne Leben,
ohne Gewand und ohne Grab.
Ihrem Herzen voll Zärtlichkeit
Entströmt diese Klage:
O mein Meister,
O sanfter JESUS,
die Sonne hat sich in Dunkelheit gehüllt,
als sie Dich sah,
ausgespannt am Holz des Kreuzes,
und die Erde erbebte vor Entsetzen.
Der Vorhang des Tempels zerriss,
und ich selbst sehe nun,
welchen Tod Du für mich erleiden wolltest.
O mein Gott,
wie soll ich Dich begraben?
In welches Linnen Dich hüllen?
Mit welchen Händen
Deinen makellosen Leib berühren?
Mit welchem Lied soll ich
Dein Scheiden begleiten,
o mitleidvoller Herr?
Ich preise und verherrliche Dein Leiden
und besinge Dein Begräbnis
und Deine Auferstehung,
und ich rufe:
O Herr, Ehre sei Dir,
O Herr, Ehre sei Dir.
(Troparion aus dem Offizium der Grablegung)

Dich, der Du das Leben bist,
nimmt man tot Kreuz.
Man hat das Los um Deine Kleider geworfen,
Deine Hände und Deine Füße durchbohrt.
Und man legt Dich in den Staub des Todes.
Die Engel erstaunen.
Mit ihnen besingen wir Deine Herablassung.
Man nimmt Dich vom Kreuz herab wie
eine Lampe vom Leuchter.

Dich das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet,
Dich, die Sonne der Gerechtigkeit,
die keinen Untergang kennt,
wird man unter den Scheffel stellen,
aber wer wird uns dann erleuchten?
Bist Du nicht das geschlachtete Lamm,
das das ganze Neue Jerusalem erhellt?
Wie wird das Reich des Todes
Deine Ankunft ertragen?
Wird es nicht vom
Glanz Deines Lichtes
geblendet sein?

Nein, sagst Du uns.
So wird sich die Prophetie erfüllen über die,
die im Schatten und in der Finsternis sitzen.
Ein großes Licht strahlt auf.

Fürchte dich nicht,
wenn sich zu dieser Stunde die Finsternis
auf Erden verbreitet hat.
Fürchte dich nicht zur Stunde,
in der ich Mich
zu verbergen scheine.

Für eine kurze Zeit
siehst du Mich nicht mehr.
Und wieder eine kurze Zeit,
dann wirst du Mich sehen.
Ich gehe zum VATER.

Herr, was heißt das:
eine kurze Zeit,
in der ich Dich nicht mehr sehe?
Du lädst mich ein,
nicht schwach zu werden,
wenn die Nacht des Glaubens
undurchdringlich und schwer wird
und wenn Du Dich
zu verbergen scheinst,
wenn mich der Tod,
der mich von allen Seiten umgibt,
erschreckt.


(Meditationen nach einem Brief der
Monastischen Familie von Bethlehem, 1998)

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