Mittwoch, 15. Juni 2011

Pater Anizet Koplinski, Kapuziner, 6

Nachwort

Was können Heilige für uns heute bedeuten? Können Heilige Vorbilder sein? Warum gibt es überhaupt Heilige? Was sind Heilige? Was ist das Besondere an ihnen? - Fragen über Fragen. Ich bin kein Hagiograph und kann dazu jetzt keine erschöpfenden Antworten geben. Aber ich möchte noch ein Wort zum Thema verlieren.

Als ich ein junger Mann war, wurde der deutsche Priester Liborius Wagner selig gesprochen (1974). Solche Ereignisse kamen damals selten vor. Ich erinnere mich noch gut daran, wie damals, anlässlich dieser Seligsprechung, die Stimmung im katholischen Volk gewesen ist. Es bestand völliges Unverständnis außerhalb der Kreise, die etwas mit Liborius Wagner, einem Geistlichen aus dem 17. Jahrhundert, “anfangen“ konnten. Es entstanden Diskussionen darüber, wer denn ein Seliger sein könnte und warum es fast immer alte Männer und überhaupt jemand aus dem geistlichen Stand sein müsse. Das Volk wollte Selige und Heilige haben, die sie kannten und mit denen sie sich identifizieren konnten. In dieser Zeit nach dem Konzil, wurde von der „Heiligkeit des Volkes Gottes“ gesprochen. Wir alle waren Heilige. Und insofern konnte es ja nicht schwer sein, entsprechende Vorbilder zu finden, die dann auch Selig-, bzw. Heilig- zu sprechen wären. Und da es so viele heiligmäßige Menschen gab, sollten recht viele Heiligsprechungen vorgenommen werden.

Unter dem selbst sehr schnell Selig gesprochenen Papst Johannes Paul II. trugen diese Überlegungen des „Volkes Gottes“ reichliche Früchte. Immer mehr Menschen gelangten zu den „Höhen der Altäre“. Es entstand geradezu eine Inflation von Selig- und Heiligsprechungen. Man konnte dem kaum noch folgen. So sind viele dieser Heiligen auch unbekannt geblieben, weil man nicht alle kennen kann. Aber, was bleibt?
Das Leben von Pater Anizet war ein ganz normales Leben. Das Vorbildliche, das,  was „seine Heiligkeit“ ausgemacht hat, war, wie er sein Leben führte, so wie er lebte. Der Höhepunkt war das Martyrium. Doch bis dahin tat er das, was von ihm verlangt wurde. Alles kleine und normale Dinge: arbeiten, lernen, studieren; später predigen und Beichte hören, täglich zelebrieren; sich sorgen um die Menschen, in ihnen Christus erkennen. Die Wahrheit sagen und sie verteidigen. Gott nicht verleugnen. Ihm und der Kirche zu dienen war sein Ordensauftrag, der Sinn seines Lebens.

Und wir, was lernen wir daraus? Tun wir unseren Dienst gewissenhaft im Alltäglichen? Lieben wir den Herrn und seine Kirche? Folgen wir ihm nach? Lasst uns nicht zurückschauen auf das, worauf wir verzichten, wenn wir uns nicht alles leisten wollen oder können. Der Herr will, dass wir standhaft bleiben im Glauben und nach vorne schauen. Auch und gerade dann, wenn wir fasten, wenn wir beten, wenn wir in der Nacht wach liegen, wenn wir krank sind und leiden, wenn uns alles sinnlos erscheint. Lasst uns beten und wachen, lasst uns fasten und uns abtöten, indem wir nicht unseren Lüsten nachgeben. Die Vollendung geschieht erst später. Ganz zuletzt. Jeder wird sein Martyrium erleben.

Seliger Pater Anizet hilf mir dabei, dass ich treu sei, besonders in den kleinen Dingen. In der Treue zum Gebet, in der Hingabe und Bereitschaft zuerst zu dienen, in der großen Sehnsucht allein dem Herrn zu gefallen. Hilf mir, dem Herrn Jesus Christus zu folgen! Amen.

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