Freitag, 19. Oktober 2012

Lesungen und andere Übungen heiligen uns nur insofern, als sie für uns Kanäle sind, durch die Gottes Wirken uns zuströmt (1 von 7)

Unser wahres Wissen liegt darin, die Anordnungen Gottes für den gegenwärtigen Augenblick zu kennen. Jede Lesung, die außer Gottes Anordnung vorgenommen wird, schadet. Gottes Wille, und was er anordnet, ist Gnade und wirkt zutiefst in unserm Herzen, und das sowohl vermittels unsrer Lesungen wie bei all unserm Tun. Lesungen ohne diese Anordnung sind hohl. Fehlt ihnen die lebenspendende Kraft, die daraus entspringt, vermögen sie das Herz bloß zu leeren, sosehr sie den Geist erfüllen. Es kann geschehen, dass sich der Wille Gottes durch dies oder jenes Leiden oder eine ganz alltägliche Beschäftigung der Seele einer schlichten, ungebildeten Tochter mitteilt und in ihrem Innern das geheimnisvolle Ergebnis des übernatürlichen Lebens zeitigt. Kein Gedanke, der sie aufblähen könnte, erfüllt dabei ihren Geist. Der hoffärtige Mensch dagegen geht in geistlichen Büchern auf, aber aus bloßer Neugier. Da der Wille Gottes mit seiner Lesung nicht verbunden ist, schöpft sein Geist daraus nur den toten Buchstaben. Der vertrocknet und verhärtet ihn immer mehr.


(Jean-Pierre de Caussade, Hingabe an Gottes Vorsehung, 1.Buch: Die Tugend der Hingabe, 1.Kapitel, 5)
Der Jesuit Jean Pierre de Caussade lebte vom 7.3.1675-8.12.1751.
Nach ihm besteht die ganze Vollkommenheit eines Menschen zuerst darin, sich selber in jedem Augenblick rückhaltlos Gottes Willen und Gnadenführung hinzugeben und stets zu handeln in vollkommener Übereinstimmung mit Gottes Willen.

Labels: ,

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite