Das Gebet der Armen
Die
Väter hatten einen sehr ausgeprägten Sinn für diese zentrale Forderung des
Gotteswortes, welches vom Evangelium auf die Spitze getrieben werden sollte. Dass
der Psalter das Gebet der Mönche ist, schließt in ihren Augen ein, dass die
Mönche tatsächlich arm sein sollen, da ja der Psalter nichts anderes ist als
das Gebet des Armen, wie auch die Botschaft der acht Seligkeiten nur an die
Armen gerichtet ist.
Hören
wir, wie ein großer Geist der französischen Schule ihre Lehre und vor allem die
des heiligen Augustinus zusammengefasst hat:
"Die
Armen, die uns oft begleiten, wenn wir in die Kirche gehen, und durch eine
Fügung, die der heilige Johannes Chrysostomus hervorgehoben hat, an den Toren
der Tempel sitzen, aus denen das Gebet aufsteigt, sollten uns an unseren
eigenen Stand erinnern und so beten lehren, wie sie uns bitten; denn die
Heilige Schrift wiederholt unablässig, dass Gott nur das Gebet des Armen
erhört. Die Psalmen scheinen nur dazu bestimmt, uns diese Wahrheit zu lehren; nie
können wir sie zu viel betrachten, nie ihren Zusammenhang und ihre Weite
genügend erforschen.
Die
Fürsten sind erniedrigt worden, und dem Armen in seiner Ausgestoßenheit wurde
geholfen. Die Hochmütigen wurden zurückgestoßen und der Demütige erleuchtet.
Dieser Arme ist ein Bettler, der sich nichts selbst zuschreibt, sondern alles
von der Barmherzigkeit Gottes erwartet. Alle Tage ruft er an der Türe seines
Herrn und klopft, damit man ihm öffne. Er ist nackt und zittert vor Kälte, er
bettelt um Bekleidung, er schlägt die Augen zu Boden und klopft an seine Brust.
Diesen Bettler, diesen Armen, dieses demütige Herz unterstützt Gott mit seiner
mächtigen Hilfe. Dieser Arme ist eine Vielheit von Familien; dieser Arme ist
eine Vielheit von Völkern, von Kirchen. Er ist auch eine einzige Kirche, ein
einziges Volk, eine einzige Familie! Welch verborgene Lehren in diesen Figuren!
Welche Tiefe!“
(Aus
dem Kapitel: Busse und Abtötung, in: Louis Bouyer, Vom Geist des Mönchtums,
Otto Müller Verlag 1958, S.224)
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