Sünde und Buße
Unsere
Gleichgültigkeit gegenüber dem wahren Begriff der Sünde beruht auf unserer
Verstocktheit gegenüber jedem wahren Sinn für das Heilige. Wo der Sinn für Gott
verloren ist, wie könnte da der Sinn für die Beleidigungen, die Gott zugefügt
werden, erhalten bleiben?
Das
ist aber nicht weniger eine Verarmung unseres Menschentums, als ein Vergessen
dessen, was darüber hinausgeht. Wenn die Sünde für uns auf ein vages Trägheitsgesetz
zusammenschrumpft, haben wir nicht nur ihren übernatürlichen Charakter aus dem
Auge verloren. Wir haben viel mehr ihren menschlichen Charakter vergessen. Wir sehen
nicht mehr, dass es sich um einen Akt handelt, bei dem unser Gewissen beteiligt
ist, um ein Drama, bei dem unsere Person im Spiel ist. Der aus ihr folgende
Zustand erscheint uns daher nur als ein bloßes Unglück, das uns im Grunde fremd
ist und dessen Folgen man nur oberflächlich zurechtrücken braucht. Die Wahrheit
aber ist, dass es sich um einen Fehler handelt, den man büßen muss.
Keine
noch so heroischen Vorsichtsmaßnahmen, keine übernatürlich weisen Rezepte
können ihn wiedergutmachen. Zum ersten gehören die Grundverzichte des Mönchslebens,
zum zweiten die Einsamkeit und das Schweigen, solange man sie noch nicht
ausdrücklich an die persönliche Bekehrung: an die Buße, gebunden hat. Man würde
die Wirklichkeit, die es in dem Begriff Buße zu sehen gilt, und ihre Beziehung
zu allem, was im Leben des Mönchs an Abtötung inbegriffen ist, aushöhlen.
(Aus
dem Kapitel: Busse und Abtötung, in: Louis Bouyer, Vom Geist des Mönchtums,
Otto Müller Verlag 1958, S.211)
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]
<< Startseite