Mittwoch, 26. Oktober 2011

Zölibat und Sex, 15

Einige Anmerkungen von Raphael Bonelli, 15

Frage: „Wieviel Sex braucht der Mensch?“


Manche glauben, dass die Sexualität im Kopf mechanisch verläuft: wenn man sie nicht auslebt - also „verdrängt“ - dann kommt automatisch irgendwo anders eine Neurose hoch. Das ist wissenschaftlich obsolet, und so banal hat sich nicht einmal ein Sigmund Freud die Abläufe vorgestellt. 

Der verheiratete Mahatma Ghandi hat aus spirituellen Gründen das Gelübde der sexuellen Enthaltsamkeit abgelegt. Ich habe hier ein interessantes Zitat von ihm: „Ich legte 1906 das Gelübde ab ... Ich hatte große Schwierigkeiten, den endgültigen Entschluss zu fassen ... Wie sollte ich meine Leidenschaft zügeln? Der Verzicht auf die körperliche Beziehung zur eigenen Frau schien damals etwas Ungeheuerliches. Doch ich wagte ihn im Vertrauen auf Gottes helfende Macht. Wenn ich auf die zwanzig Jahre des Gelübdes zurückblicke, bin ich vergnügt und verwundert. Die mehr oder minder erfolgreiche Übung der Selbstkontrolle hatte seit 1901 begonnen. Doch die Freiheit und Freude, die mich nach Ablegung meines Gelübdes überkam, hatte ich vor 1906 nie empfunden. Vor dem Gelübde hatte ich jeden Augenblick von der Versuchung überwältigt werden können. Jetzt war das Gelübde ein sicherer Schutz gegen Versuchung. Die großen Möglichkeiten der Enthaltsamkeit wurden mir täglich klarer.“

Diese Worte Ghandis klingen nicht nach schwerer Neurose, oder? Er spricht von „Freiheit und Freude“, von „großen Möglichkeiten“. 

Also zusammengefasst:
jeder Mensch braucht Liebe, aber nicht unbedingt Sexualität. Und diese Liebe besteht übrigens mehr im Geben als im Nehmen. Der Zölibatäre liebt, indem er sich hingibt – und wird von seinem Gott zurückgeliebt. Und von vielen Menschen – aber von deren Zuwendung darf er sich nicht abhängig machen. Eine dependente „Liebesbedürftigkeit“ gegenüber Mitmenschen oder gar den Medien ist ein Defizit, weil sie unfrei macht. Und anfällig für Manipulation und emotionale Erpressung.


Mehr unter: http://www.kath.net/detail.php?id=33436

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