Freitag, 10. August 2012

Buße ist mehr als Askese


Diese Ausdrucksweisen des heiligen Paulus sagen hinreichend, dass die büßende Askese etwas anderes ist, als Bindungen abzuschneiden oder Hindernisse beiseite zu schieben. Wenn man sich damit begnügen wollte, müsste man nur den Überfluss um des Wesentlichen willen aufgeben. Die Buße aber schließt mehr ein: die Entbehrung des Notwendigen. Wenn es nicht so ist, wäre die Abwendung des Ausdruckes Abtötung eine reine Übertreibung. Die „conversio morum", die Annahme der überlieferten Gebräuche des Büßerlebens an Stelle der Sitten eines satten Lebens, das die Sünde nicht wiedergutmacht, fordert von uns einen wirklichen Tod. Der Mönch ist tatsächlich vor allen Dingen jemand, der entbehrt. Und eine Entbehrung im strengen Sinn gibt es nur dort, wo das Notwendige angegriffen wird. Wir werden uns ganz darüber im klaren sein, wenn wir sehen, welche die im Mönchsleben grundlegenden materiellen Entbehrungen sind.

Sie setzen voraus, dass das sogenannte natürliche Leben, wenn auch nicht an sich, in seiner gottgeschaffenen Substanz, so doch in der Form, in der es gegenwärtig gelebt wird und für die wir verantwortlich sind, schlecht ist. Man kann das eine vom anderen aber nur abstrakter weise trennen. Im Konkreten muss man die Substanz tödlich verwunden, wenn man die Lebensform bessern will. Dieser Tod wird zweifellos - und wir wollen es immer wiederholen, nur dann wirksam sein, wenn er durch den Glauben gestützt ist. Das soll aber nicht heißen, dass er deshalb weniger wirklich wäre; denn der Glaube ist die erste reale Abtötung. Ist er nicht der Verzicht auf das Sichtbare um des Unsichtbaren willen auf die Gegenwart um der Zukunft willen?

(Aus dem Kapitel: Busse und Abtötung, in: Louis Bouyer, Vom Geist des Mönchtums, Otto Müller Verlag 1958, S.215)

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