Freitag, 13. Januar 2012

Väterlesung zur Taufe Jesu

13. Januar (Usus antiquor: Commemoratio Baptismi Domini)
Gedächtnis der Taufe unseres Herrn Jesus Christus
(früher: Oktavtag der Erscheinung des Herrn).

Evangelium Johannes  1, 29-34, besonders der Vers:
„Ich sah den Geist gleich einer Taube vom Himmel herabschweben und über ihm ruhen.“
Väterlesung (Chrysostomus, + 407) in den Vigilien

„So erschien also auch damals die Taube deshalb, damit sie den Anwesenden und dem Johannes wie mit einem Finger den Sohn Gottes zeigte; und dies nicht bloß aus diesem Grund, sondern damit du wissest, dass auch bei deiner Taufe der Hl. Geist über dich herabkommt. Übrigens habt ihr äußerliche Gesichte gar nicht nötig. Der Glaube genügt statt all dessen. Die äußeren Zeichen sind ja nicht für diejenigen, die glauben, sondern für diejenigen, die nicht glauben.
Aber warum erschien der Hl. Geist gerade in der Gestalt einer Taube? Weil die Taube ein zahmes, reines Geschöpf ist. Da nun auch der Hl. Geist ein Geist der Sanftmut ist, deshalb erscheint er in dieser Gestalt. Außerdem erinnert uns dieselbe auch an eine Begebenheit aus früherer Zeit. Als einst eine allgemeine Flut den ganzen Erdkreis heimsuchte, und unser ganzes Geschlecht in Gefahr war, vernichtet zu werden, da erschien eine solche Taube, um das Ende der Heimsuchung anzuzeigen und durch den Ölzweig, den sie trug, dem Erdkreis die frohe Botschaft allgemeinen Friedens anzukünden. All das war ein Sinnbild dessen, was erst später kommen sollte. Damals stand es nämlich viel schlimmer mit den Menschen, und sie hatten eine viel größere Züchtigung verdient.
Die Taufe Jesu Christi
Damit du also den Mut nicht verlierst, will dich die Taube an jene Geschichte erinnern. Damals herrschten verzweifelte Zustände; sie bedurften einer Lösung und Besserung. Aber damals kam sie durch Strafen, jetzt kommt sie durch ganz unaussprechliche Gnadengaben. Deshalb erscheint auch jetzt diese Taube, die zwar keinen Ölzweig trägt, dafür aber den Retter aus allem Übel uns zeigt, und uns herrliche Hoffnungen weckt. Sie führt nicht bloß einen Menschen aus der Arche heraus, sondern geleitet bei ihrem Erscheinen die ganze Welt in den Himmel hinein, und statt eines Ölzweiges bringt sie dem ganzen Menschengeschlecht die Kindschaft Gottes.
Bedenke daher, wie groß dieses Geschenk ist, und glaube nicht, es habe deshalb geringeren Wert, weil es unter solcher Gestalt erscheint. Da höre ich nämlich einige sagen, so groß der Unterschied zwischen einem Menschen und einer Taube sei, so groß sei auch der Unterschied zwischen Christus und den Hl. Geist, weil der eine in unserer Gestalt, der andere in der einer Taube erschienen sei. Was ist darauf zu erwidern? 
Der Sohn Gottes hat die Natur des Menschen angenommen, nicht aber der Hl. Geist die Natur der Taube. Darum sagte auch der Evangelist nicht, er sei in der Natur einer Taube erschienen, sondern in der Gestalt einer Taube; deshalb ward er auch späterhin nicht mehr in dieser Gestalt gesehen, sondern nur damals allein. Wenn du aber deswegen behauptest, der Hl. Geist sei dem Range nach geringer, so wirst du folgerichtig auch die Cherubim für viel höher ansehen müssen als ihn, und zwar um soviel höher, als ein Adler über einer Taube steht; denn auch sie zeigten sich in dieser Gestalt. Und die Engel wären noch größer, weil sie ja oft in Menschengestalt erschienen. Indes ist dies alles durchaus nicht so. Etwas anderes ist nämlich die wirkliche Sache, etwas anderes die aus Zweckmäßigkeitsgründen gewählte und für den Augenblick passende Form ihrer Erscheinung.
Sei also nicht undankbar gegen deinen Wohltäter und vergilt nicht durch das gerade Gegenteil dem, der die Quelle der Glückseligkeit dir erschlossen hat. Denn wo die Würde der Gotteskindschaft ist, da herrscht auch Freiheit von Sünden und die Fülle alles Guten. Deshalb hat die jüdische Taufe ein Ende genommen, die unsere beginnt.
Wie es mit dem Osterfeste geschah, so geschah es auch mit der Taufe. Auch dort hat Christus beide Ostern gefeiert, aber das eine als Schluss und Ende, das andere als Anfang. Ebenso hat er hier die Vorschrift der jüdischen Taufe erfüllt, zugleich aber auch die Schleusen des kirchlichen Taufbades geöffnet. Wie er dort an demselben Tische, so hat er hier an einem und demselben Strom nicht nur das Vorbild gezeichnet, sondern auch dessen Erfüllung hinzugefügt. Die Gnade des Hl. Geistes ist nämlich nur in dieser Taufe enthalten; die des Johannes war dieser Gabe bar. Darum geschah auch bei den anderen, die sich taufen ließen, kein derartiges Wunder, sondern nur bei ihm allein, der uns diese bringen sollte.
Daraus sollst du außer dem, was ich schon gesagt, auch dies ersehen, dass es nicht die Reinheit des Taufenden war, die dies vollbrachte, sondern die Macht des Getauften. Damals also öffnete sich der Himmel und stieg der Hl. Geist herab. Vom Alten Testament leitet Gott uns fortan über zum Neuen. Indem er uns die himmlischen Tore öffnet und den Geist von dort sendet, ruft er uns in die Heimat des Jenseits. Auch ruft er uns nicht bloß, sondern will uns zugleich die denkbar größte Ehre erweisen; denn nicht zu Engeln und Erzengeln hat er uns gemacht, sondern zu Kindern Gottes und geliebten Söhnen hat er uns erhoben, und ruft uns so zur Teilnahme an diesem Erbe. Wenn du also dies alles erwägst, dann sollst du auch ein Leben führen, würdig der Liebe dessen, der dich gerufen, würdig des Lebens im Himmel, würdig der Ehre, die dir erwiesen worden.
Der Welt sollst du gekreuzigt sein, sollst die Welt in dir selber kreuzigen und in vollkommener Unschuld leben, so wie man im Himmel lebt. Glaube nicht, du habest etwas mit der Erde gemein, weil du dem Leibe nach noch nicht in den Himmel entrückt bist; dein Haupt thront ja schon dort oben. Deshalb hat auch der Herr bei seinem früheren Erscheinen hienieden die Engel mit sich geführt und kehrte nach Annahme deiner Menschennatur in den Himmel zurück, damit du auch vor deinem Hinscheiden ins Jenseits wissest, dass du berufen und fähig bist, auf Erden zu leben, als wärest du schon im Himmel. Bewahren wir also standhaft den Adel der Geburt, den wir im Anfange2 erhielten; streben wir Tag für Tag nach dem himmlischen Reiche, und betrachten wir alles Irdische nur als Schatten und Traumbild."

Chrysostomus (+ 407) - Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (In Matthaeum homiliae I-XC), Zwölfte Homilie. Kap. III, V,13-17.
Bildquelle: http://rc-cafe.blogspot.com/2011/01/blog-post_4985.html

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