Samstag, 3. Dezember 2011

Die Reklusin Nazarena, 5


Die ewigen Gelübde legte Nazarena am Fest der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, am 31. Mai 1953, vor Mutter Scholastika, ihrer Novizenmeisterin und Magistra, ab. Die Schwestern Scholastika und Angela waren in den ersten Jahren ihre Lehrmeisterinnen. Dazu kam Schwester Hildegard, die ab 1955 als Äbtissin das Kloster leitete und für Nazarena zur Mutter wurde. Niemals hatte sie die Versuchung, ihre Zelle zu verlassen. Kein Opfer war ihr zu groß. Sie fühlte sich hineingenommen in den großen Frieden Gottes.

Wie haben wir uns ihre Zelle vorzustellen? Und wie lebte Nazarena darin? Es handelte sich um einen einfachen, schmucklosen Raum, etwas abseits des eigentlichen Klosterbereiches der anderen Nonnen. Dieser Raum war stets verschlossen. Es gab ein Bett (ein nacktes Holzbrett in Kreuzesforrn, auf dem sie schlief) ein Regal, darunter ihre groben Holzsandalen. einige Bücher, einen Platz für Handarbeiten, eine nackte Glühbirne an der Wand, eine Stelle mit den Werkzeugen für die Flechtarbeiten, den Korbstuhl, auf dem sie (oft noch bis spät in den Abend beim Licht der Laterne vor ihrem Fenster) arbeitete oder las und schließlich starb, einen kleinen Hygienebereich. Dann noch eine Schatulle mit ihrem Bußgürtel und dem Kreuz mit Nägeln, das sie sich vor ihr Herz band. "Jedoch nur in der Woche, sonntags nie!" sagt Schwester Vincenza. Ist das heute im Orden auch noch üblich? "Nein", sagt die alte Schwester mit leisem Lächeln. "Das versteht heute keiner mehr", und in den Klöstern und der Kirche wohl so wenig wie draußen, wo das Leiden zur Sühne für andere und für Gott längst vollständig ersetzt wurde durch die Leiden nur für einen selbst in den Folterkellern der Wellness- und Schönheitsindustrie.

(wird fortgesetzt)

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