Freitag, 7. Januar 2011

Die Heilige Messe, 2


II.  CONFITEOR

Allgemeines Schuldbekenntnis

In dem Augenblick, in dem die Seele von der Freude empor getragen werden will, fühlt sie in ihrem Inneren eine Kraft, die sie zurückhält. Es ist die Sünde. Als öffentliches und als gemeinsames Gebet, bei dem die Sünde,  die nun nicht mehr die Angelegenheit eines einzelnen ist, vor das Antlitz der ganzen Kirche gerufen wird, vor die Heiligen, die Blutzeugen, ja sogar vor die Mächte des Himmels, gibt das Confiteor der Messe zum ersten mal die Bedeutung der Gemeinschaft, der Kommunion. Und die Hand, die drei mal an die Brust schlägt, die Culpa, diese alte biblische und monastische Gebärde, erleichtert in der Reue die beängstigende Traurigkeit des Sünders.

Alle Himmelsmächte sind da, alle die stets gegenwärtigen Vorbilder, nicht nur Er, dem nichts verborgen ist, nicht nur die geheimnisvolle Hellsicht Seiner Engel, sondern auch diese Männer und Frauen, die den Mut aufgebracht haben der Liebe gemäß zu leben, die Heiligen und die Märtyrer.
Und ich, ich bin vor ihnen der Angeklagte; was vermag ich der Stimme zu antworten, die sich erheben wird und mich nach meiner Schuld fragt? Die Gewissheit meiner Schuld schnürt mir die Kehle zusammen, sie verbietet mir jede Verteidigung.
Da sind meine Taten, selbst jene, die keine menschliche Gerechtigkeit mir vorwirft, von denen ich aber dennoch weiß, dass sie armselig, verdächtig oder noch schlimmeres waren. Da sind meine geheimen Gedanken, diese Niederungen von Elend und Verworfenheit unter der Maske des gewissenhaften Ehrenmannes. Und da ist alles, was ich nicht getan habe, mein Abseitsstehen, meine Feigheiten, meine Heimlichkeiten, all die drückende Last meines stillen Mitschuldigseins.
Möge doch das Zeichen der Reue an meiner Brust dreimal mein Herz erschüttern, möge es meine in tödlichen Schlaf versunkene Seele aufwecken, sie zurückrufen zu dem, was ihr nottut!
Aber auch das Geheimnis ist da, das Geheimnis der Barmherzigkeit. Alle diese Vorbilder, diese Mächte, die zum Gericht versammelt sind, mich zu verhören und über mich zu urteilen, schau, wie sie auf einmal meine Fürbitter sind bei dem Einzigen. Die Reinheit der Jungfrau, das Blut der Märtyrer und die strahlende Geduld der Heiligen werden meine Schutzwehr. O hohes Geheimnis der Umkehr der Verdienste und der Gemeinschaft der Heiligen!
Und während die Worte noch widerhallen, die mir Vergebung erbitten, während ich die Furcht vergesse, die ich durchdringt, dass ich vielleicht morgen wieder falle und aufs neue beginnen müsse, erhebe ich mich in meiner wiedergefundenen Freude wie in einer plötzlichen, einer unsäglichen Erleichterung.

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