Sonntag, 29. Januar 2012

Erste Erzählung des Pilgers, 12

Beten und Beichten

Als mich der Starez entließ, segnete er mich und sagte, ich möge, solange ich dieses Gebet lernte, mit einfältiger Beichte zu ihm kommen, denn ohne Nachprüfung des Lehrmeisters wäre es weder gut noch erfolgversprechend, sich selbständig diesem inneren Tun hinzugeben.

Da ich in der Kirche stand, fühlte ich flammenden Eifer in mir erwachen, mit möglichstem Fleiß das unablässige innere Gebet zu erlernen, und ich flehte zu Gott, er möge mir darin beistehen. Alsdann dachte ich, wie ich es anstellen sollte, den Starez aufzusuchen, um mir Rats zu erholen oder ihm zu beichten; denn länger als drei Tage würde man mich im Gasthof nicht wohnen lassen, und in der Nähe der Einsiedelei gab es keine Wohnungen ... Endlich hörte ich, dass vier Werst weiter ein Dorf war. Ich ging hin, um mir dort eine Arbeit zu schaffen; und zu meinem Glück wies mir Gott eine bequeme Anstellung: ich verdingte mich dort für den ganzen Sommer einem Bauern; ich sollte seinen Gemüseacker bewachen und in einer Schutzhütte auf diesem Gemüseacker wohnen. Gott sei Dank! So hatte ich denn einen ruhigen Fleck gefunden. Und so lebte ich denn hin und lernte das innere Gebet nach der mir angezeigten Weise und suchte auch den Starez auf.

(nach: Emmanuel Jungclaussen, Aufrichtige Erzählungen eines russischen Pilgers, 1974)

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